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Ein mächtiger Mann und seine 6 Frauen…

Heute hab ich eine längere Reise nach Hampton Court vor. Streik ist keiner angesagt, das Wetter ist gut und ich bin guter Dinge.

Und es klappt tatsächlich! Nach einer 90minütigen Reise bin ich vor Ort. Was für ein Palast! Schon von Weiten erahnt man seine Ausmasse, unzählige Kamine ragen in den Himmel und die roten Backsteine leuchten zwischen den Bäumen.

 

Hampton Court war das Prunkschloss von Henry VIII. Er war der mächtigste Tudor-König und zeigte das auch. Die Palastküche ist heute die grösste erhaltene Renaissance-Küche in Europa. Hier wurden täglich 1200 warme Mahlzeiten für die Höflinge und die Bediensteten hergestellt. 6 riesige Herde, in denen ständig ein Feuer loderte und Fleisch gebraten wurde. Riesige Lagerräume für Fisch, Fleisch, Getreide, Wein, Kräuter und was sonst noch alles gebraucht wurde zeugen noch heute vom regen Treiben in diesem Schloss.

In der grossen Halle wurde zweimal am Tag gegessen, die Gerichte mussten von der Küche über den unteren Hof in die grosse Halle getragen werden. Das Gewusel muss immens gewesen sein.

 

zu besonderen Anlässen, bei hohem Besuch oder sonstigen Festivitäten wurde die Halle mit Wandteppichen geschmückt, Kristall-Leuchter wurden aufgehängt und Musik wurde gespielt….da wär ich gern mal dabei gewesen…

 

Im unteren Hof stand ein Weinbrunnen…wahlweise floss daraus Rot- oder Weisswein und die Becher konnten gefüllt werden, so oft man wollte…

Neben der grossen Halle war der Warteraum. Hier musste manchmal tagelang gewartet werden, wenn man den König sehen und ihm sein Anliegen vortragen wollte. Hier gab es eine Toilette, Sitzgelegenheiten und Tische, auf denen verschiedene Brett- oder Kartenspiele gespielt wurden.

 

Henry VIII. hatte sechs Frauen, und jede hat im Palast ihre Spuren hinterlassen. Mit seiner ersten Frau Katharina von Aragon war er 24 Jahre verheiratet und sie hatten eine gemeinsame Tochter. Aber ein männlicher Thronfolger musste her. Deshalb wollte er sich von ihr scheiden lassen. Der Papst willigte aber nicht ein und so begann der König, den Katholizismus zu bekämpfen, er liess Kirchen und Klöster abreissen und verbannte seine erste Frau vom Hof.

Während dieser unruhigen Zeit machte sich Anne Boleyn an den König ran. Er hatte schon lange ein Auge auf sie geworfen, doch sie, die schon am Hof lebte, liess ihn zappeln. Als sie in die Ehe einwilligte, prägte sie eine neue kirchliche Ära ( England wurde protestantisch) und schenkte dem König eine Tochter….er war enttäuscht.

Anne Boleyn war eine lebenslustige Frau und kokettierte mit vielen Männern am Hof. Der König, der oft unterwegs und in vielen Betten zugange war, unterstellte ihr Untreue und Inzest mit ihrem Bruder und Vetter und liess sie in den Tower sperren. Er verurteilte sie zum Tod durch köpfen…

 

Wenige Tage nach der Hinrichtung heiratete Henry VIII. seine dritte Frau, Jane Seymore. Sie schenkte dem König endlich den lang ersehnten Sohn, aber sie starb im Kindbett.

 

Der König schaute sich nach einer neuen Frau um. Es war nicht einfach, eine passende Gemahlin zu finden. Es wurde ihm ein Portrait von Anna von Clewe präsentiert und er verliebte sich in dieses Bild. Als er die Dame dann in Echt sah, war er sehr enttäuscht. Er selber war bereits ziemlich aufgedunsen, hatte Geschwüre an den Beinen und war durch die ständigen Schmerzen sehr reizbar. Trotzdem heiratete er sie. Als dann aber keine Schwangerschaft zustande kam, liess er sich scheiden (das war jetzt im protestantischen Königreich möglich). Anna von Clewe, seine vierte Frau, lebte weiterhin am Hof.

 

Der König, mittlerweile über vierzig und wahrscheinlich von einer Midlife-Crisis geplagt, verliebte sich in die 16-jährige frivole Catherine Howard. Diese lebenslustige Dame liess sich gerne mit anderen Höflingen ein und als der König das erfuhr, liess er sie verhaften und köpfen.

Seine 6. Frau, die Protestantin Kateryn Parr, überlebte den König. Sie und Anna von Clewe lebten weiterhin am Hof.

Das wohl berühmteste Bild von Henry VIII. Er zwingt einem mit seinem strengen direkten Blick zu weggucken…

 

Die Räume aus der Tudorzeit sind äusserst prächtig. Wenn man bedenkt, dass die Mehrheit der Menschen in dunklen Lehmhütten wohnte und einfache, meist dunkle Leinenkleidung trug, sind die Gegensätze gewaltig.

 

Der einzige Sohn von Henry VIII. Wurde mit 9 Jahren König, verstarb aber , da er immer kränklich war, nach wenigen Jahren. Seine beiden Halbschwestern wurden Königinnen und bald neigte sich die TudorZeit dem Ende…

Während der Barockzeit wurde Hampton Court vergrössert und die Gärten wurden nach dem grossen Vorbild von Versailles gestaltet.

Diese Räume sind ebenfalls prächtig, aber die Tudorzeit fasziniert mich irgendwie mehr.

Nach einem langen und intensiven Tag hier spaziere ich zum Bahnhof, werfe einen Blick zurück auf das Schloss und bin eigentlich froh, dass es beim ersten Versuch vor einer Woche nicht geklappt hat…heute war es sonnig und warm und ich nicht mehr so erkältet…

 

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